Sevim Aydin
Alexander Freier-Winterwerb
20.05.2025 | Am 9. Mai 2025 ist Margot Friedländer gestorben. Mit ihr verliert Berlin eine der letzten Überlebenden der Shoa, eine unermüdliche Zeitzeugin und eine bedeutende Stimme gegen das Vergessen nationalsozialistischer Verbrechen. Mit dem heutigen Beschluss fordert die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus den Senat auf, in Abstimmung mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, an ihrem früheren Wohnort in der Skalitzer Straße 32 eine öffentlich zugängliche Gedenktafel zu errichten und die Skalitzer Straße in „Margot-Friedländer-Straße“ umzubenennen. Die Initiative dafür kommt von Sevim Aydin und Alexander Freier-Winterwerb.
Sevim Aydin, Wahlkreisabgeordnete in Friedrichshain-Kreuzberg, erklärt:
„Die Umbenennung der Skalitzer Straße ist Ausdruck unserer gemeinsamen erinnerungspolitischen Verantwortung. Margot Friedländer kehrte mit 88 Jahren in ihre Heimatstadt zurück – in jene Stadt, in der einst ihre Verfolgung begann. Ihr Vermächtnis, ihre Menschlichkeit, ihre eindringliche Botschaft für Toleranz und Versöhnung müssen dauerhaft im öffentlichen Berliner Raum sichtbar sein. Nach ihrem Tod liegt es an uns, ihre Worte weiterzutragen: ‚Ihr sollt die Zeitzeugen sein.‘ Mit diesem Beschluss nehmen wir den Auftrag an, für Demokratie und gegen den wachsenden Rechtsextremismus und Antisemitismus einzutreten. Berlin trägt eine besondere erinnerungspolitische Verantwortung: Hier wurden die Verbrechen der Shoa geplant, hier liegt zugleich Margot Friedländers Heimat. Ihre Auszeichnung als Ehrenbürgerin war nicht nur ein symbolischer Akt, sondern ein bleibender Auftrag zum Handeln.“
Alexander Freier-Winterwerb bringt zum Ausdruck:
„Straßennamen sind Ausdruck unseres kollektiven Gedächtnisses. Die Skalitzer Straße wurde nach der Schlacht bei Skalitz im Deutschen Krieg von 1866 benannt – einem militärischen Ereignis, das heute eine sehr eingeschränkte erinnerungspolitische Relevanz hat.
Das Leben und Wirken Margot Friedländers hingegen berührt uns, unsere Gegenwart und Zukunft unmittelbar. Mit der Umbenennung der Skalitzer Straße wählen wir einen authentischen Ort, der an das persönliche Schicksal Margot Friedländers, an die Verfolgung der Jüdinnen und Juden in Berlin und an die Verbrechen des Nationalsozialismus mitten in unserer Stadt erinnert, aber auch ein Zeichen der Versöhnung und der Liebe für die Menschen sendet. Indem wir eine bekannte Straße in Kreuzberg einer Shoa-Überlebenden widmen, setzen wir auch ein entschiedenes Zeichen gegen alle heutigen Formen des Antisemitismus.“
Hintergrund:
In der Skalitzer Straße 32 lebte Margot Friedländer ab 1941 mit ihrer Mutter und ihrem Bruder in einer sogenannten „Judenwohnung“. Am 20. Januar 1943 wurden ihr Bruder und ihre Mutter von der Gestapo verhaftet und nach Auschwitz deportiert – Margot Friedländer tauchte unter, wurde später verhaftet und nach Theresienstadt deportiert. Sie überlebte. Heute erinnern Stolpersteine an der Adresse an das Schicksal ihrer Familie. Seit ihrem Tod ist der Hauseingang ein Ort des stillen Gedenkens.