27.02.2025 | Der Hilferuf war sehr eindringlich: „Bei uns am Jüdischen Krankenhaus wird gerade vielen Pflegehilfskräften zum Jahresanfang 2025 gekündigt. Wollt ihr da einfach zuschauen?“ So wendete sich eine Stationsleitung im Herbst letzten Jahres an die Mitglieder unserer Fraktion.
Nein, das wollten wir natürlich nicht! Schnell fanden sich örtlich und fachlich zuständige Abgeordnete Lars Düsterhöft, Bettina König, Sven Meyer und Mathias Schulz zusammen, um eine pragmatische Lösung zu finden und den Mitarbeitenden zu helfen. Dies war allerdings gar nicht so einfach. Denn das Grundproblem lag auf der Bundesebene. Aufgrund veränderter Bundesgesetzgebung können Krankenhäuser ihre ungelernten Pflegekräfte ab Januar 2025 nicht mehr über das Pflegebudget bei den Krankenkassen abrechnen. Dies führt bei den Häusern zu einem Finanzierungsproblem. Der Grundgedanke, dass nur noch Menschen mit einer Mindestqualifizierung in den Krankenhäusern am Patienten arbeiten sollen, ist gut. Allerdings haben es einige Häuser verschlafen, in der Übergangsphase ihre Mitarbeitenden entsprechend zu qualifizieren – und diese Qualifizierung zur Pflegefachassistenz dauert 12–18 Monate – zu lang für die Häuser, die nicht so lange auf Personal verzichten können und auch zu lang für viele der Mitarbeiter:innen – die keine monatelangen Gehaltseinbußen schultern können.
Und nun, zwei Monate vor Inkrafttreten der neuen Regel, schien das Kind in den Brunnen gefallen zu sein. Mit viel Hirnschmalz, Beratungen, Input von außen und dem festen Ziel, den Mitarbeitenden im Jüdischen Krankenhaus in Wedding helfen zu wollen, haben wir dennoch innerhalb kürzester Zeit eine innovative und gleichzeitig pragmatische Lösung gefunden. Der Weg war uns schnell klar: Wir wollten eine Möglichkeit finden, wie die meist jahrelange Berufserfahrung auf Teile der praktischen Ausbildungsinhalte angerechnet werden kann, damit sich die Ausbildungszeit deutlich verkürzt. Die Pflegefachassistenzausbildung kam dafür aber nicht in Frage, denn sie erfordert auch praktische Erfahrung in der Altenpflege und ambulanten Pflege. Über diese verfügen aber viele der Pflegehelfer:innen der Krankenhäuser nicht. Hingegen bot sich die Krankenpflegehelferausbildung an, die generell nur 12 Monate dauert und bei vorliegender Berufserfahrung bereits jetzt deutlich verkürzt werden kann und die nur Erfahrung in einem Krankenhaus erfordert.
Das einzige Problem: Diese Ausbildung wird in Berlin seit einiger Zeit nicht mehr angeboten, da sie eigentlich durch die Pflegefachassistenz abgelöst wurde. Nur – richtig außer Kraft gesetzt wurde sie nicht und bot uns damit eine Möglichkeit. Kurzentschlossen haben wir sie unter Einbeziehung der Fachschulen und deren Expertise über zwei kleine Gesetzesänderungen für eine Übergangszeit „wiederbelebt“, weitere Ausnahmetatbestände für eine Verkürzung geschaffen und es so geschafft, eine Qualifizierung zur Fachkraft innerhalb von 400 Stunden zu ermöglichen. Bei entsprechend vorliegender Berufserfahrung kann in ungefähr 12 Wochen und nach einer entsprechenden Prüfung nun in Berlin ein Abschluss erworben werden, der von den Krankenkassen anerkannt und damit über das Pflegebudget finanziert wird. Blieb noch die Frage: Wer kommt für die Kosten und die Gehaltslücke während der Ausbildung auf? Auch das Problem konnten wir lösen: Die Bundesagentur für Arbeit war direkt mit im Boot und kann für die Arbeitnehmerseite und Arbeitgeber die Kosten der Ausbildung inklusive der entstehenden Gehaltslücke bei einer vorliegenden Kündigung übernehmen. Am Ende waren dann alle Probleme gelöst, alle zufrieden und wir froh, dass wir eine praktikable Lösung gefunden und diverse Arbeitsplätze gerettet haben. Auch die Krankenhäuser freuen sich, ihre gut eingearbeiteten und im Team und im Haus integrierten Kräfte behalten zu können. Ein Gewinn für alle Beteiligten!